Schule fertig – und was dann? Einige machen in diesen Tagen noch die letzten Prüfungen, die meisten haben das Abitur aber bereits „in der Tasche“ und stehen vor der quälenden Frage, was jetzt?
Nach der Bekanntgabe der Notenschnitte ist auch klar, was man oder frau jetzt wo studieren kann und was möglicherweise nicht oder nicht sofort. Vielleicht muss ein Plan B gemacht werden, vielleicht aber auch erst grundsätzlich überlegt werden, in welche Richtung die nächsten Schritte gehen sollen.
In einer Zeit der Unsicherheit und des Suchens bekommt man von vielen Seiten gute Ratschläge – Ratschläge, die zwar gut gemeint sind, aber nicht immer auch wirklich gut und passend sind. Viele davon führen regelrecht in die Irre.
Ich habe einmal die 5 häufigsten guten Ratschläge zusammengestellt:
1.Ein BWL-Studium ist immer eine gute Grundlage
In vielerlei Hinsicht sind ein BWL-Studium oder eine kaufmännische Ausbildung tatsächlich eine gute Grundlage. Wenn ich interessiert bin an betriebswirtschaftlichen Fragen, mir gut vorstellen kann, später eine Karriere im Marketing oder im Finanzwesen in einem Unternehmen zu machen oder als Wirtschaftsredakteur*in bei einem Verlag oder einem Sender zu arbeiten, dann ist ein Wirtschaftsstudium goldrichtig.
Auch eine kaufmännische Ausbildung kann mir nutzen, wenn ich mich später in einem bestimmten Bereich selbstständig machen will. Wenig sinnvoll ist es allerdings aus Unentschlossenheit ein Wirtschaftsstudium zu beginnen oder wenn ich weiß, dass ich viel lieber in einem heilenden oder pflegenden Beruf arbeiten möchte.
2. Studiere das, was Dich wirklich interessiert
Ja und nein! Ohne Interesse für ein Fach ist ein Studium eine Qual. Das ist ohne Zweifel richtig. Was aber nicht immer passt, sind die Berufsmöglichkeiten, die hinter einem Studium liegen. Wenn ich z.B. Psychologie studiert habe, dann kann ich später als Analytiker*in, Therapeut*in, in einer Personalabteilung oder im Marketing arbeiten. Wenn mir keiner dieser Berufe wirklich zusagt, dann ist ein Studium der Psychologie eher mit einem Fragezeichen zu versehen, denn es könnte in eine berufliche Sackgasse führen.Trotzdem bin ich hier entgegen anderer Meinungen eher offen und unterstütze Ausbildungsentscheidungen, deren Grundlage „brennendes Interesse“ ist. Der Grund dafür ist, dass meiner Erfahrung nach häufig sehr individuelle Berufswege gefunden werden, die niemals jemand so hätte vorhersagen können und, dass genau dies aufgrund der derzeitigen Veränderungen in der Berufslandschaft durch die Digitalisierung immer häufiger auch der Fall sein wird.
3. Ein „freiwilliges soziales Jahr im Ausland“ macht sich gut im Lebenslauf
Nein, das stimmt so nicht. Unternehmen wünschen sich von zukünftigen Mitarbeiter*innen Engagement, Flexibilität und Mobilität. Das „freiwillige soziale Jahr im Ausland“ wird allerdings als Entscheidungsaufschub interpretiert mit dem Wissen, dass es Agenturen gibt, die hierfür Programme entwickelt haben, deren Sinnhaftigkeit angezweifelt wird.Höher angesehen sind das „freiwillige soziale Jahr“ im Inland und beruflich relevante Tätigkeiten wie mehrmonatige Praktika im Ausland oder auch eine Weiterbildung (z.B. Programmierkurs) im Ausland.
4. Jetzt hast Du Abitur, jetzt musst Du auch studieren
Nein, ganz und gar nicht. Darüber habe ich in meinem letzten Blogbeitrag ausführlich geschrieben. Nach den langen Schuljahren wünschen sich viele Abiturient*innen erst einmal, sich im praktischen Leben ausprobieren zu dürfen. Eine Ausbildung ist dann durchaus der richtige Weg, der ein anschließendes Studium sogar erheblich erleichtern oder sinnvoll ergänzen kann.
5. Heutzutage muss man vieles ausprobieren
Hier stecken wir in einem Dilemma. Die Jahre des Ausprobierens sollten eigentlich hinter einem liegen. Die Schule lässt dafür allerdings kaum bis keinen Raum. Zum zwanglosen „Ausprobieren“ ist man als Abiturient*in allerdings zu alt. Das bedeutet, ich muss mich zwar ausprobieren, darf das aber nicht mehr ziel- und wahllos machen, wie das in jüngeren Jahren möglich gewesen wäre. Ich muss mir Gedanken zu mir als Person machen, mir überlegen, was mich ausmacht, wo meine Stärken liegen (könnten), was mir wichtig ist und wie ich leben und arbeiten möchte. Ich muss persönliche „Erprobungsfelder“ abstecken und mir einen Plan machen, wo ich mehr über mich, meine Vorlieben und Stärken erfahren möchte und wie ich dieses „Mich-selbst-Erkunden“ bewerkstelligen kann.Bei dieser „Entdeckungsreise“ ist es sehr nützlich ein Lerntagebuch zu führen und die Lernergebnisse in einem ePortfolio abzulegen.
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Die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium ist der erste wichtige Karriereschritt. Er sollte keine Notlösung, sondern eine bewusste Entscheidung „dafür“ sein. Auch ein Plan B kann über einen Umweg zu Plan A führen oder im weiteren Verlauf sich sogar als die bessere Lösung herausstellen.
Autorin: Gabriela Westebbe