Klimakrise, Künstliche Intelligenz und Automatisierung nehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Was bedeutet dies für die Zukunft der Arbeit und der Menschen in Europa?

Die Welt der Arbeit ist im Umbruch. Damit befasst sich ein zwei-teiliger Beitrag von arte.tv, den ich auf YouTube gefunden habe und den man bis Mitte Oktober in der Mediathek abrufen kann. Die Links zu den Beiträgen stehen am Ende dieses Blogposts.

„Die Arbeit muss sich ändern, denn der Schutz von Menschen und Umwelt geht uns alle an.“

Arbeiten in Europa

Die Regisseurin Marianne Lère hat über ein Jahr lang 8 Menschen in Europa begleitet. Raphael, Henry, Vincent, Frank, Annie, Christin, Will und Lise geben Einblick in ihren Alltag, den ihr Berufsleben bestimmt. Sie beschreiben, was Arbeit für sie bedeutet, teilen ihre Sorgen mit und schildern, wie sie Sinn in ihrem Leben und Erfüllung in der Arbeit gefunden haben.

Dazwischen beleuchten internationale Experten, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und Philosophen anhand dieser Porträts die Problematik des sich wandelnden Arbeitsmarktes. Sie weisen darauf hin, welche Auswirkungen die Veränderungen für die Einzelnen wie für das Zusammenleben in der Demokratie haben. Die Dokumentation gibt damit gleichzeitig einen tiefen Einblick in unsere Gesellschaft.

Die Geschichte von Raphael

Raphael wurde 1960 in Kamerun geboren und träumte davon Professor für Literaturwissenschaften oder Pilot zu werden. Schließlich hat er in Frankreich eine Ausbildung zum Medientechniker gemacht. Aufgrund seiner Hautfarbe hat er in seinem Beruf jedoch nie eine Anstellung gefunden. Heute lebt er mit seiner Familie in Paris und kümmert sich mit seinem Team um das Wohlergehen der Metro-Fahrgäste. Daneben schreibt er Romane.

„Was immer Du tun musst, mach es gut, denn das Leben ist ein ewiger Kampf!“

Die Geschichte von Frank

Frank wurde 1957 in Berlin geboren. Ganz früh wollte er Cowboy werden. Heute arbeitet er als Berater bei der evangelischen Kirche im Arbeitslosenzentrum. Mit einem Bus fahren er und seine Kolleg:innen durch Berlin und beraten eine wachsende Zahl von Menschen, die arbeitslos sind und sich dadurch in schwierigen Lebenssituationen befinden.

„Ich habe bereits als junger Mensch gespürt, dass das nicht an der Konstellation einzelner liegt, sondern, dass da etwas Strukturelles dahinterliegt und wir als Gesellschaft etwas tun müssen!“

Die Geschichte von Vincent

Vincent ist 47 Jahre alt und hat Geschichte studiert. Er lebt in einem französischen Städtchen zwischen Lyon und St.Etienne. Heute arbeitet er an zwei Schulen als Aufsichtsperson und gleichzeitig als Webredakteur für eine Agentur, die große Webseiten betreut. Er sagt, er ist glücklich mit seiner Arbeit, auch wenn seine Arbeitssituation sehr unsicher ist.

„Mein Ziel ist es mindestens 10€ pro Stunde herauszukriegen und so kommen am Ende der Woche schon einige Stunden zusammen. Aber ich habe auch das Gefühl viel Freizeit zu haben und das macht was aus.“

Die Geschichte von Henry

Henry ist aus Ecuador und kam 2008 nach London. Anfangs verdiente er seinen Lebensunterhalt als Putzhilfe. Heute arbeitet er in einer Gewerkschaft, die er mitgegründet hat. Es ist die Gewerkschaft der unabhängigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Großbritanniens. Seine Aufgabe ist es, Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen zu unterstützen.

„Ich kann kaum glauben, dass wir es soweit geschafft haben, nach 8 Jahren. Ich kann mich noch erinnern, wie ruhig und verhalten meine Freunde anfangs waren. Sie hatten Angst, genau wie ich.“

„Wir haben den Kampf um den Mindestlohn in London für uns entschieden. Wir haben die Anerkennung der Gewerkschaft erreicht, den Kampf um bessere Löhne und Renten gewonnen. Aber, noch wichtiger: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass keine Leiharbeit mehr stattfindet!“

Die Geschichte von Annie

Annie wurde 1962 in Frankreich auf einem Bauernhof geboren. Der Vater war alkoholkrank. Sie arbeitet heute als Familienhelferin. Sie liebt ihre Arbeit, weil sie Eltern helfen kann, gute Bindungen zu ihren Kindern aufzubauen. Es handelt sich um junge Eltern, die oft nicht wissen, was ihre Kinder brauchen. Pro Tag besucht sie vier Familien. Das bedeutet auch lange, manchmal anstrengende Fahrten mit dem Auto übers Land.

„Man hat wirklich das Gefühl nützlich zu sein.“

„Man muss sich auch schützen, denn man trifft auf Menschen, deren Kühlschrank leer ist, die nichts zum Essen haben.“

„Im Vergleich zu dem, was man leistet, wird man nicht gut bezahlt.“

Die Geschichte von Christin

Christin ist 35 Jahre alt und wohnt in Berlin. Sie hat Jura studiert und mehrfach ihren Arbeitsplatz verloren. Seit 2 Jahren ist sie mit ihrem Partner zusammen. Sie haben eine kleine Tochter. Christin arbeitet heute wieder in einem Hotel und muss den Beruf mit dem Privatleben vereinbaren. Sie ist die rechte Hand des Hoteldirektors und seine Vertreterin.

„Die kulturellen Unterschiede versuchen wir wirklich mit ganz, ganz, ganz, … viel Kommunikation, mit vielen Dialogen zu steuern.“

„Es ist immer so, dass ich schau, dass es den Leuten gut geht.“

„Man kann das Ganze nicht so richtig unter Direktionsassistenz zusammenfassen, deshalb haben wir uns überlegt, wie kann man das Ganze nett verpacken, … und da ist dann die
Chief Happiness Executive herausgekommen.“

Die Geschichte von Lise

Lise ist Agraringenieurin und wohnt in Südwestfrankreich, einem kleinen Dorf, etwa eine Stunde von den Pyrenäen entfernt. Als Lise klein war wollte sie Trapezkünstlerin oder Dompteurin werden. Heute ist sie Landwirtin. Sie baut eine sehr nützliche Pflanze an, die als Tierstreu oder Mulch dienen, aber auch als Bau- oder Heizmaterial verwendet werden kann. Außerdem speichert diese Pflanze sehr viel CO2.

„Ich entnehme noch nichts aus der Firma. Das mache ich erst, wenn wir Gewinn machen. Inzwischen leben wir vom Gehalt meines Mannes.“

„Nun muss es uns gelingen das Produkt bekannt zu machen. Es ist ein tolles Produkt, das Zukunft hat. Es ist nachhaltig und regional und die Einsatzmöglichkeiten sind vielseitig.“

„Ich kann uneingeschränkt sagen, dass mich meine Arbeit glücklich macht.“

Die Geschichte von Will

Will ist 1990 in Großbritannien geboren. Als Kind wollte er Basketballspieler werden, dann Comiczeichner. Nach der Schule hat er Philosophie studiert. Jetzt ist er gerade dabei zu promovieren. Er hatte eine halbe Stelle als Dozent und arbeitete außerdem als Forscher an der Universität Brighton. Daneben jobbte er z.B. in der Gastronomie oder in einem Plattenladen, um finanziell über die Runden zu kommen. Dann hat er mit Freunden zusammen einen Think Tank zur Zukunft der Arbeit gegründet.

„Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen als eine Arbeit, die mich nicht interessiert.“

„Ich bin stolz darauf, was meine Freunde und ich mit Autonomy auf die Beine gestellt haben.“

Es lohnt sich sehr, sich diese beiden Beiträge (jeweils 52 Minuten) anzusehen. Diese 8 Geschichten bieten einen breiten Hintergrund von Informationen zur heutigen Arbeitswelt und verschiedene Blickwinkel auf die Erwerbsarbeit, also viel Stoff für Diskussionen.

Autorin: Gabriela Westebbe

Links zur Mediathek arteTV (bis zum 23.10.2021 verfügbar):
https://www.arte.tv/de/videos/088023-000-A/arbeit-s-leben-1-2/
https://www.arte.tv/de/videos/088024-000-A/arbeit-s-leben-2-2/