Beschäftigungsfähigkeit und wirtschaftliches Wohlergehen sichern

„Wir leben in einer Welt, in der die Dinge, die leicht zu unterrichten und zu testen sind, auch leicht digitalisiert und automatisiert werden können. Die Welt belohnt uns nicht mehr allein für das, was wir wissen – Google weiß ja schon alles –, sondern für das, was wir mit dem, was wir wissen, tun können. In der Zukunft wird es darum gehen, die künstliche Intelligenz von Computern mit den kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten und Werten von Menschen zu verknüpfen.“

Prof. Dr. Andreas Schleicher

Missverständnisse klären und Übersetzungsarbeit leisten

Ich habe im letzten Beitrag beschrieben, was unter Entrepreneurship Education zu verstehen ist und welche Wirkungen mit diesem Lernprogramm erzielt werden sollen.

Wichtig erscheint mir nochmals zu betonen, dass es sich bei der Entwicklung „unternehmerischer Kompetenz“ um eine der wesentlichen Schlüsselkompetenzen handelt, die von der OECD als Voraussetzung für die Beschäftigungsfähigkeit und das wirtschaftliche Wohlergehen der Menschen in allen Teilen der Welt angesehen werden. „Unternehmerische Kompetenz“ ist zu verstehen als „Gestaltungskompetenz“. Nicht jede Person soll damit gezwungenermaßen ein eigenes Unternehmen gründen, aber sehr wohl in der Lage sein, in einem Betrieb und in jeder Organisation unternehmerisch, also gestaltend mitzudenken und mitzuwirken.

Wie wichtig Kreativität und menschliche Intelligenz geworden sind führt uns ChatGPT4 gerade beispielhaft vor Augen. Und wir stehen erst am Anfang dieser technologischen Entwicklungen. Was bedeutet „beschäftigungsfähig zu sein“, d.h. eine gute Arbeit zu bekommen und für sich selbst und andere sorgen zu können, für die Kinder, die heute in der Schule sind oder erst in die Schule kommen?

Das Anliegen ist seit dem Jahr 2000 nicht kleiner geworden

Auf Seite 8 der deutschen Ausgabe des OECD Lernkompass 2030 steht:

„Wie können wir Lernende auf Arbeitsplätze vorbereiten, die noch nicht existieren? Wie können wir sie befähigen, gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, die noch nicht absehbar sind, und Technologien zu nutzen, die es noch nicht gibt? Was brauchen Lernende, um sich in einer vernetzten Welt zurechtzufinden, in der sie verschiedene Perspektiven und Weltanschauungen verstehen und wertschätzen, respektvoll mit anderen interagieren und verantwortungsbewusst für Nachhaltigkeit und kollektives Wohlergehen eintreten sollen?“

Es geht heute nicht mehr ausschließlich darum Wissen weiterzugeben, viel wichtiger ist die Entwicklung von Fähigkeiten, sich in einer unbeständigen und ungewissen Zukunft behaupten zu können. Dafür müssen Schulkinder heute (aus-)gebildet werden.

Was muss man tun, wenn dieses Bildungsziel erreicht werden soll? Was muss man tun, will man die Gestaltungskompetenz und Verantwortungsbereitschaft von jungen Menschen stärken?

Ein kurzer Blick in das Lern-Ökosystem Entrepreneurship Education in Österreich

In seiner Keynote zu Beginn von #JOE2023 am 25. März 2023 erläutert Herr Professor Johannes Lindner, wie sich das Lern-Ökosystem Entrepreneurship Education in Österreich über die letzten Jahre entwickelt hat und welche Erfolge erzielt wurden.

Es beginnt bereits im Kindergarten und in der Grundschule. Dort heißen die Lernprogramme „Kinder gestalten“. In der Sekundarstufe I nennt sich das Programm „Jugendliche gestalten“ und ab Sekundarstufe II sind die Lernprogramme als „Entrepreneurship Education“ verankert. Kinder und Jugendliche sollen lernen, dass sie kleinere und größere Herausforderungen lösen und meistern.

Basis der Lernprogramme ist eine groß angelegte randomisierte Wirkungsstudie, die von 2014 – 2018 mit Beteiligung von über 30.000 Kinder und Jugendlichen durchgeführt wurde. Erforscht wurde, welche Angebote mindestens erfolgen müssen, dass mit einer Wirkung, beispielsweise einer Haltungsänderung gerechnet werden kann.

Jedes Lernprogramm baut auf dem TRIO®-Modell auf: Eigene Ideen entwickeln und umsetzen, Ermutigung und auch dafür eigene Ideen entwickeln und schließlich etwas für die Gemeinschaft tun, sich für den sozialen Zusammenhalt einsetzen.

In den ersten Jahren, im Kindergarten und der Grundschule geht es ganz wesentlich darum mit Methoden der positiven Psychologie die kleinen Kinder zu stärken, ihre Neugierde und Kreativität zu bewahren und wertzuschätzen. Durch den Einbezug der 17 Nachhaltigkeitsziele wird Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) eingeführt.

In Sekundarstufe I geht es sehr viel stärker um die Entdeckung der eigenen Stärken, die Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen und das Einüben von Entscheidungsfindung und Verantwortungsübernahme. Die Herausforderungen sind größere wie auch die Entwicklungsspielräume. Neu ist die Design Thinking App, die Jugendliche in eine Innovationsmethodik einführt und sie lehrt diese anzuwenden.

Für die Sekundarstufe II gibt es bereits sehr viele erprobte Lernangebote und -materialien, die zusammen mit den Camps und anderen Netzwerkveranstaltungen ein Ökosystem zukunftsgerichteter Bildung darstellen. Hierauf werden wir in einem dritten Beitrag noch näher eingehen.

In seiner Keynote stellt Johannes Linder die einzelnen Lernprogramme ausführlich vor und verweist auf viele Materialien, die kostenfrei im Internet zur Verfügung stehen.

Weiterlesen:
http://www.youthstart.eu/de/
https://www.bildungsserver.de/innovationsportal/bildungplusartikel.html?artid=1219
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018H0604(01)&from=SV
https://www.oecd.org/education/2030-project/contact/OECD_Lernkompass_2030.pdf
https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-01/vom-Projekt-zur_struktur_2014.pdf