Unsere Lebens- und Arbeitswelt unterliegt globalen Herausforderungen und einem schnellen Wandel, der eine hohe individuelle Anpassungsfähigkeit erfordert. Wirtschaftsunternehmen passen ihre Organisationsform der sich ständig verändernden Umwelt an. Hierarchische und bürokratische Strukturen sind nicht mehr geeignet, um im konstanten Wandel erfolgreich zu sein. Arbeit wird in flexiblen Teams und agil gemanagten Projekten organisiert. Die Grenzen zur Außenwelt werden bewusst durchlässig gestaltet, Austausch und Kommunikation mit der Außenwelt sind überlebenswichtig.

Entrepreneurship Education: Sozialisierung zu aktiven Gestalter:innen des eigenen Lebens

Die Herausforderungen für die junge Generation sind groß. Mindestens genauso groß ist ihr Gefühl, diesen Herausforderungen nicht gewachsen zu sein. Die Jugend meint, von der Schule genau auf diese nicht vorbereitet zu werden. Siehe zu diesem Punkt auch die Paneldiskussion auf dem diesjährigen #JOE-Zukunftskongress, die wir hier zusammengefasst haben.

Den jungen Menschen geht es dabei nicht in erster Linie um die Wissensvermittlung. Das auch. Es geht ihnen vor allem darum, dass sie Skills brauchen, um das Leben zu meistern. Sie brauchen Fähigkeiten und Erfahrungen, die es ihnen ermöglichen, sich in der Welt draußen zurechtzufinden und in dieser Welt aktiv zu werden und mit anzupacken. Sie brauchen Handlungskompetenz auf individueller Ebene, um nicht vom Gefühl der Machtlosigkeit und der eigenen Unzulänglichkeit überwältigt zu werden.

Die Ausbildung persönlicher Kompetenzen (den Kompetenzbegriff haben wir hier erläutert) erfordert eine handlungsorientierte Didaktik. Zu den wenigen Lernangeboten, die diese Anforderung an Handlungsorientierung erfüllen, gehören die Curricula der (Social) Entrepreneurship Education z.B. der ALMSE Akademie gGmbH für die allgemeinbildenden Schulen. Ausführlich erläutern wir die Möglichkeiten dieser Didaktik in unserem Podcast Episode#2 mit der Mittelschullehrerin Susanna Klein aus Bayern hier.

Handlungsorientierte Didaktik organisiert auch den Wissenserwerb neu. Wissen wird nicht auf Vorrat angehäuft, sondern Wissen wird dann nachgefragt und neu zusammengefügt, wenn es für die Problemlösung notwendig wird.

Der Beitrag von Entrepreneurship Education zur Berufsorientierung

Uns geht es hier nicht um eine mögliche Neuausrichtung von Schulen, sondern um die Befähigung von Schülern und Schülerinnen, sich erfolgreich mit der Gestaltung des eigenen Lebens und ihrer Berufstätigkeit auseinanderzusetzen. Für Schüler und Schülerinnen muss es Möglichkeiten geben, Erfahrungen mit sich selbst zu sammeln, diese zu reflektieren, sie in den Kontext ihrer Wünsche und Vorstellungen und in Beziehung zur Außenwelt zu setzen. Selbsterkenntnis und Erfahrung von Selbstwirksamkeit sind Entwicklungsaufgaben in der Lebensspanne des Erwachsenwerdens. (Social) Entrepreneurship Education ist in der Lage einen solchen Erfahrungsraum aufzuspannen.

Im Rahmen eines (Social) Entrepreneurship Education Curriculums, welches sich fächerübergreifend über 2-3 Schuljahre erstrecken kann, setzen sich Schüler und Schülerinnen intensiv mit einem Problem auseinander, welches – z.B. in Anlehnung an die 17 Nachhaltigkeitsziele – selbstgewählt und allein oder besser kollaborativ in Gruppen bearbeitet wird.

Die Auswahl erfolgt interessensgeleitet und ist ein erster Ansatzpunkt für die Reflexion der individuellen Interessen und Werte. Das ausgewählte „Problem“ ist zunächst eine Forschungsaufgabe, die in vielen Fällen zu tiefergehenden Fragen im Chemie-, Physik- oder auch Kunstunterricht oder Sportunterricht führt. Durchgespielt wird der ganze Prozess der Entwicklung eines Produkts (Produkt steht hier für das „Problem“ und kann auch ein neuer Antriebsstoff, eine neue Technologie zur Schadstoffeliminierung oder Ähnliches sein) oder einer Dienstleistung von der ersten Idee über die Entwicklung und Testung von Prototypen bis zur Herstellung der Marktreife und letztendlich der Vermarktung mit allen Teilaufgaben. Schüler und Schülerinnen lernen an einem konkreten Beispiel wie ein Unternehmen funktioniert, welche Aufgabenstellungen bearbeitet und welche Herausforderungen gemeistert werden müssen. Ideal ist es, wenn für die vielen auftretenden Fragen reale Personen eines realen Betriebs in der Umgebung zur Verfügung stehen. Praktika können angebahnt werden und in Praktika können Fragestellungen vertieft bearbeitet werden.

Wirtschaft verstehen: Die Vermittlung von Alltagskompetenzen und Lebensökonomie sind Minimalforderungen

Laut der Jugendstudie 2021 des Bankenverbandes wünschen sich nahezu drei Viertel der Schüler und Schülerinnen mehr von Wirtschaft zu verstehen und fordern aktuellen Wirtschaftsunterricht.

Schulische Curricula zu (Social) Entrepreneurship Education versprechen Alltagskompetenzen und Lebensökonomie zu stärken. M.E. ist das die Mindestanforderung, die sie erfüllen können. Je nach Ausgestaltung und Kooperationsmöglichkeiten mit außerschulischen Partnern, z.B. Experten wie Fabian Walter zu Steuern oder Maurice Höfgen zur Wirtschafts- und Geldpolitik des Bundes. Beide Herren betreiben Webseiten und informieren über ihre Social Media Kanäle, z.B. YouTube, Instagram oder Tik Tok (siehe z.B. Steuerfabi).

Wirtschaft lernt man jedoch vor allem in der realen Situation in einem Wirtschaftsbetrieb. Praktika in Unternehmen und Organisationen der näheren Umgebung könnten noch viel stärker genutzt und die vielfältigen Erfahrungen im berufsorientierenden Unterricht reflektiert werden. Betriebe sind Lernorte mit realen Lernchancen. Vernetzung und Austausch von Schulen mit Wirtschaftsbetrieben sind wichtiger denn je.

Links:
https://www.changex.de/Article/erkundung_selbstorganisation_elisabeth_goebel

https://www.rkw-kompetenzzentrum.de/publikationen/leitfaden/entrepreneurship-education-2018/ausgewaehlte-ansaetze/schule-der-zukunft-entrepreneurship-education-und-digitale-kompetenzentwicklung-als-neue-herausforderungen/

https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/bmhs/kfm/entrepreneurship.html

https://bankenverband.de/newsroom/presse-infos/jugendstudie-2021-mehrheit-der-jungen-leute-fuhlt-sich-in-pandemie-im-stich-gelassen/

Steuerfabi

Maurice Höfgen

ALMSE Akademie

Autorin: Gabriela Westebbe für Jugend Online Event

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